Neue Produkthaftungsrichtlinie der EU (GPSR): Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Die Europäische Union passt die Produkthaftung an aktuelle technische Entwicklungen an. Die neue Richtlinie erweitert die Haftung und regelt auch die Beweisverteilung neu. Für viele Unternehmen bedeutet dies Veränderungen.

Die Europäische Union hat Ende 2024 eine neue Produktsicherheitsrichtlinie verabschiedet, die bis zum 09.12.2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die GPSR (General Product Safety Regulation) ist eine Reaktion auf aktuelle technologische Entwicklungen, insbesondere in den Bereichen Künstliche Intelligenz und digitale Aspekte wie Roboter, Drohnen oder Smart-Home-Systeme, aber auch auf eine veränderte Wirtschaftssituation, z. B. durch globalisierte Lieferketten. 

Verbraucherrechte im Fokus

Ziel ist es, eine einheitliche verbraucherorientierte Regelung für alle EU-Mitgliedstaaten zu schaffen, die auf Schadenersatz bei fehlerhaften Produkten ausgerichtet ist. Dazu sieht die Richtlinie zunächst eine erhebliche Ausweitung des Geltungsbereichs der Produkthaftung für die herstellende Industrie vor. Der bisher geltende „Selbstbehalt“ für „Bagatellschäden“ in Höhe von 500 Euro entfällt. Der Gedanke der Entlastung der Gerichte von Bagatellschäden wurde hier zugunsten der Verbraucherrechte aufgegeben. Ein wichtiger Aspekt ist die Neuregelung der Beweisverteilung: Unverändert muss der Anspruchsteller den Fehler des Produkts, den Schaden und den kausalen Zusammenhang zwischen beiden beweisen. Ist ein Produkt jedoch fehlerhaft, wird künftig vermutet, dass zwischen dem Fehler des Produkts und dem eingetretenen Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Vor den nationalen Gerichten können die Geschädigten dann von den Herstellern die Offenlegung von Beweismitteln beantragen, die ihnen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche helfen können.

Umsetzung in nationales Recht bis 2026

Diese Neuregelung ist die wohl umfassendste Änderung von der alten zur neuen Produkthaftungsrichtlinie. Sie stellt den größten Schritt in Richtung einer weiteren Stärkung des Verbraucherschutzes dar, da durch die genannte zivilprozessuale Privilegierung bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen die Chancen der Geschädigten deutlich erhöht werden. Die GPSR muss bis zum 9. Dezember 2026 von allen EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden – in Deutschland wird dazu voraussichtlich ein neues Produkthaftungsgesetz (ProdHG) verabschiedet, möglicherweise aber auch die Zivilprozessordnung (ZPO) im Hinblick auf die Beweislastregelungen geändert.

Die neuen Regelungen mit dem offiziellen Titel „Richtlinie (EU) 2024/2853 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2024 über die Haftung für fehlerhafte Produkte und zur Aufhebung der Richtlinie 85/374/EWG des Rates“.

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Neue Haftungs-Risiken

Der Kreis der haftenden Akteure wird erweitert. Haftbar sind nun: 

  • Hersteller,
  • Quasi-Hersteller / Inverkehrbringer (z. B. wenn die eigene Marke auf einem eingekauften Produkt platziert wird)
  • Hersteller eines Zuliefererteils
  • und jedes Unternehmen, das eine wesentliche Veränderung vornimmt, auf die der Hersteller keinen Einfluss hat. 

Bei einem Hersteller außerhalb der EU kann das importierende Unternehmen, ein Bevollmächtigter oder ein Fulfillment- oder Dropshipping-Dienstleister haftbar gemacht werden – das gilt auch für Online-Plattformen. Die neue Richtlinie GPSR betrifft also alle Produkte, die auf den EU-Markt gebracht werden, egal ob online oder offline.

Anpassungsbedarf nach erfolgter Umsetzung

„Die Umsetzung der Richtlinie in nationales deutsches Recht bleibt abzuwarten. Sollte sich Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Deckungsinhalte unserer Kunden ergeben, werden wir selbstverständlich aktiv werden“, sagt Michaela Kreß. Bei Fragen rund um die neue Produkthaftungsrichtlinie unterstützen unsere Expertinnen und Experten bei Funk Sie gern.

Das Wichtigste auf einen Blick

So reagieren Sie optimal auf die neue europäische Produkthaftungsrichtlinie:

  • Machen Sie sich mit den neuen Haftungsregelungen vertraut.
  • Stellen Sie eine korrekte Dokumentation und Nachweisführung sicher.
  • Klären Sie die Haftung für digitale Produkte und Dienstleistungen.
  • Legen Sie Verantwortlichkeit und Kontrolle fest.
  • Schulen und sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden.
  • Lassen Sie Ihr Risikomanagement und Ihre Versicherungen anpassen.

Benötigen Sie Unterstützung? Sprechen Sie uns gerne an.

03.12.2024

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