CSRD: Mehr als ein Papiertiger?

Die neue CSRD-Richtlinie fordert eine Offenlegung der Nachhaltigkeitsstrategie. Das können Unternehmen als eine Pflicht sehen, die viele Kapazitäten verschlingt – oder als Chance, sich einen internationalen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

Das Pflichtenheft der Unternehmen in Deutschland wird bald noch um ein Kapitel länger – und auch ihr Lagebericht. Hier muss künftig ein Nachhaltigkeitsbericht inkludiert werden. Die neue CSRD-Richtlinie der Europäischen Union (EU) wird 2024 in deutsches Recht überführt und gilt dann für immer mehr Unternehmen (siehe „Wichtige Kürzel“). Gemeinsam mit anderen Gesetzen und Verordnungen ist die CSRD ein Bestandteil des European Green Deal von 2019. Das Ziel dieses Konzeptes ist, Kapitalflüsse in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu lenken. „Mit der CSRD wird nun ein EU-weit einheitliches Berichtsformat geschaffen und damit die Transparenz zu Nachhaltigkeit erhöht“, sagt Julia Timmerbeil, Consultant von Funk (siehe Interview). Die neue Pflicht hat das Potenzial, die europäische Wirtschaft grundlegend zu verändern. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Eckdaten und sinnvolle erste Schritte.

Wichtige Kürzel

Die Corporate Sustainability Reporting Directive ist seit 5.1.2023 in Kraft und wird bis Juli 2024 ins nationale Recht überführt. Dann ist es Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht in den Lagebericht zu integrieren. Zunächst sind ab Geschäftsjahr 2024 große Unternehmen von der CSRD betroffen, die bereits der Nichtfinanziellen Berichterstattungsrichtlinie (NFRD) unterliegen.

Nachhaltigkeit besteht aus den drei Facetten Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung), kurz: ESG.

Die European Sustainability Reporting Standards stellen den EU-weit einheitlichen und verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichtsstandard dar.

Die Kürzel stehen für Task Force on Climate-related Financial Disclosures und Global Reporting Initiative, die globalen Pendants der CSRD, die von vielen internationalen Unternehmen bereits auf freiwilliger Basis angewendet werden. 

Im Einklang mit globalen Vorgaben

Die EU leistet hier keineswegs Pionierarbeit, sondern fordert ein, was an anderen Stellen des Globus bereits umgesetzt wird. Internationale Standards und Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wie GRI und TCFD gelten seit Jahren und sind vor allem getrieben durch die USA, Großbritannien und Kanada. Die Harmonisierung der unterschiedlichen internationalen Berichtsstandards wird noch einige Jahre dauern. Unternehmen, die sich bereits an internationalen Standards orientieren, haben aber dadurch wichtige Grundlagen gelegt, die sie für die Berichterstattung nach CSRD nutzen können.

Die neue EU-Richtlinie gilt nicht sofort für alle Unternehmen, außerdem gibt es voraussichtlich eine dreijährige Übergangsfrist. In dieser Zeit testieren Wirtschaftsprüfungsunternehmen, dass ein vollständiger Nachhaltigkeitsbericht vorliegt, nehmen aber noch keine inhaltliche Prüfung vor. Es bleibt also noch ein bisschen Zeit zu üben, bevor es richtig Ernst wird. Doch es gibt viele gute Gründe, damit nicht zu lange zu warten.

„Indem sich Unternehmen mit CSRD beschäftigen, stärken sie sich für künftige Krisen und erzielen einen Vorteil im internationalen Wettbewerb.“

Julia Timmerbeil, Consultant von Funk

Doppelte Wesentlichkeit im Fokus

Doch wie fangen Unternehmen konkret damit an, einen Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD zu erstellen? Indem sie die richtigen Schwerpunkte setzen. Dabei spielt die Analyse der doppelten Wesentlichkeit eine Schlüsselrolle, weil sie Komplexität reduzieren kann. Einerseits bestimmen Unternehmen hier selbst, welche Auswirkungen ihr Handeln auf verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit hat (Inside-out). Andererseits wird festgestellt, welche Chancen und Risiken sich aus Nachhaltigkeitsthemen für die finanzielle Lage des Unternehmens ergeben (Outside-in). Letzteres zahlt insbesondere auf die Resilienz und Widerstandsfähigkeit der Unternehmensbilanz ein. Julia Timmerbeil: „Indem sich Unternehmen mit CSRD beschäftigen, stärken sie sich für künftige Krisen und erzielen einen Vorteil im internationalen Wettbewerb.“

„Wer prüft, darf nicht beraten“

Julia Timmerbeil ist Beraterin der Funk Consulting. Sie ist Sparrings-Partnerin zu ESG-Themen und führt zum Beispiel Workshops in Unternehmen durch.

Viele Unternehmen sind 2024 noch nicht von CSRD betroffen, außerdem gibt es Übergangsfristen. Dann muss das Thema noch nicht ganz oben auf die Agenda, oder?
Doch, ich empfehle allen Unternehmen, sich jetzt schon mit CSRD auseinanderzusetzen. Aus drei Gründen: Erstens werden kleinere Unternehmen indirekt in die Pflicht genommen, etwa von ihren Kunden, die die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette prüfen. Zweitens dauert es eine Zeit, sich in die neuen Anforderungen einzuarbeiten, Zuständigkeiten zu definieren und Daten zu sammeln – das geht besser jetzt schrittweise als später in einer kräftezehrenden Hauruck-Aktion. Und drittens kann es ein echter Wettbewerbsvorteil sein, das Thema frühzeitig anzugehen.

Kommen im ESG-Kontext noch weitere Pflichten auf Unternehmen zu?
Damit ist zu rechnen. Gerade für die Industrie wird die Regulatorik noch zunehmen, zum Beispiel bei der CO2-Besteuerung, um nur einen Punkt zu nennen. Auch hier hat es Vorteile, wenn sich Unternehmen frühzeitig nachhaltiger aufstellen, denn dann können sie bares Geld sparen.

Wozu brauchen Unternehmen in dem Prozess Funk? Reichen nicht Wirtschaftsprüfer*innen zur Unterstützung?
Kernstück der CSRD ist die Wesentlichkeitsanalyse. Unternehmen müssen hier intensiv in die Analyse und Bewertung einsteigen. Dazu braucht es Fachwissen im Risikomanagement – und da kommen wir ins Spiel. Wir unterstützen dabei, diese Risiken zu ermitteln und zu bewerten sowie den Versicherungsschutz anzupassen, etwa auf potenziell höhere Schäden bei Naturgefahren. Eine alleinige Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfer*innen reicht nicht aus: Denn wer prüft, darf nicht beraten.

Wir begleiten Sie durch den ESG-Dschungel

Funk begleitet Unternehmen beim Aufbau oder einer Anpassung ihrer ESG-Strategie. Dabei ist es sinnvoll, schrittweise vorzugehen. Je nach Bedarf unterstützt Funk punktuell oder im gesamten Prozess.

Im ersten Schritt sollten Unternehmen sich einen Überblick über die geltenden Regularien verschaffen. Mögliche Überschneidungen von bereits vorhandenen Ansätzen im Unternehmen mit der CSRD herauszuarbeiten hilft, den Aufwand zu verkleinern. Funk bietet hierfür spezielle ESG-Workshops an. In diesen vermitteln wir Wissen zur CSRD und den ESRS und analysieren gemeinsam den ESG-Reifegrad des Unternehmens. Auch können Strukturen und Prozesse für eine CSRD-konforme Berichterstattung definiert werden.

Sind diese Vorarbeiten geleistet, kann es mit der Wesentlichkeitsanalyse im zweiten Schritt an die eigentliche Arbeit gehen. Wir unterstützen Unternehmen bei der Priorisierung, bei den zu ermittelnden Messgrößen und Metriken (Skalen) sowie der Durchführung von Stakeholder-Analysen. So können Unternehmen das Wesentliche vom Unwesentlichen begründet unterscheiden.

In den weiteren Schritten geht es um konkrete Analysen. Auch hier kann oft auf Vorhandenem aufgesetzt werden, etwa bei der Klimarisikofolgenabschätzung. Die Analyse der Gefährdung von Standorten durch Naturgefahren ist aus der Sach-Versicherung bekannt. Hier erweitern wir die Methodik und beziehen Lieferanten und Schlüsselkunden mit ein. Zugleich erweitern wir die Perspektive auf die nächsten 80 Jahre und zeigen z. B. auf, wie sich der Anstieg des Meeresspiegels auf das Überschwemmungsrisiko auswirkt. Mit Maßnahmen wie einem Business Continuity Management können Unternehmen ihre Risiken dann zielgerichtet reduzieren.

Wir holen Sie dort ab, wo Sie gerade stehen, und begleiten Sie als verlässlicher Partner auf Ihrem Weg. Sprechen Sie uns an!




18.12.2023

Ihr Kontakt

Julia Timmerbeil

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