Angepasstes Lieferkettengesetz: Unternehmen drohen deutliche Verschärfungen

Mit Beschluss des EU-Parlaments im Juni 2023 ist der Gesetzgebungsprozess für ein EU-weites Lieferkettengesetz auf der Zielgeraden. EU-Kommission und EU-Rat haben zuvor ihre Position bereits veröffentlicht. In Trilog-Verhandlungen der drei Institutionen wird nun das finale EU-Gesetz formuliert.

Mit dem geplanten EU-Lieferkettengesetz wird erstmals länderübergreifend eine einheitliche und verbindliche Regelung geschaffen, mit der Unternehmen, die in der EU tätig sind, verpflichtet werden, den Schutz von Menschenrechten und Umwelt in ihrer Lieferkette aktiv zu verfolgen.

Die sogenannte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) wird bereits als „Game Changer“ im Wirtschaftsrecht bezeichnet. Seit dem 01.01.2024 sind in Deutschland Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden vom deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) betroffen. Die Umsetzung des LkSGs in aktuell durch u.a. Inflation und Lieferketten-Problemen ohnehin angespannten Zeiten ist kein Selbstläufer. Nun droht mit der CSDDD eine deutliche Verschärfung und Ausweitung der Betroffenheit für Unternehmen in der EU – folglich auch in Deutschland.

Erweiterte Kriterien für die Anwendung der CSDDD

Während das LkSG bei der Betroffenheit allein auf die Anzahl der im Inland beschäftigten Arbeitnehmenden abstellt (derzeit 1.000 Arbeitnehmende), bezieht die CSDDD auch den erwirtschafteten Umsatz eines Unternehmens ein. So fallen Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro (netto) und durchschnittlich mehr als 1.000 Beschäftigten unter die Richtlinie. Auch Unternehmen aus Drittländern sind wie beim LkSG erfasst, sofern sie innerhalb der EU entsprechende Umsätze erwirtschaften und/oder Beschäftigte haben.

Pflichtenmaßstab und Sanktionen in der CSDDD gegenüber LkSG

Im Gegensatz zum LkSG, das einen abgestuften Pflichtenmaßstab vorsieht und zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern unterscheidet, verlangt die europäische Regelung, dass an alle Glieder der Lieferkette der gleiche Pflichtenmaßstab angelegt wird. Die Überprüfung mittelbarer Zulieferer – also der Vorlieferanten oder Zwischenhändler – erfolgt damit unabhängig davon, ob begründete Kenntnis über Risiken vorliegt oder nicht. Neu ist in der CSDDD zudem die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette, also neben den Zulieferern auch die Kunden-Seite mit dem gesamten Vertrieb bis zum Endverbraucher – und erfasst damit erstmals die nachgelagerte Wertschöpfungskette.

Corporate Sustainability Due Diligence Directive

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) wird als „Game Changer“ im Wirtschaftsrecht bezeichnet, da sie signifikante Änderungen oder Verschärfungen der bestehenden Anforderungen an Unternehmen mit sich bringt, insbesondere im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten.

Maßgebliche Unterschiede zwischen dem LkSG und der CSDDD bestehen auch in Bezug auf das Sanktionsregime. Das deutsche LkSG setzt diesbezüglich auf ein reines „public enforcement“. Bedeutet: Wird gegen die Sorgfaltspflichten verstoßen, hat das verwaltungsrechtliche Konsequenzen, insbesondere sind auch Ordnungswidrigkeitenverfahren vorgesehen. Zuständig dafür ist im Sinne einer Aufsichtsbehörde das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Zivilrechtlich, also im Wege eines „private enforcements“, müssen Unternehmen für die Nicht-Einhaltung der Sorgfaltspflichten bislang nicht haften. Dies stellt das aktuelle LkSG explizit klar. Damit verbleibt es vorerst beim grundsätzlichen Rechtsstand, wonach Unternehmen für von anderen Unternehmen im Ausland begangene Rechtsverletzungen nicht haften, weil jedes Unternehmen nur für sein eigenes Verhalten bzw. seine eigene Risikosphäre verantwortlich ist.

Zivilrechtliche Haftung in der CSDDD

Die CSDDD hingegen sieht bislang auch eine zivilrechtliche Haftung vor. Sie soll greifen für den Fall, dass Unternehmen nicht präventiv gegengesteuert oder Abhilfe geschaffen haben, um Menschrechts- oder Umweltverletzungen zu vermeiden. Denkbar ist demnach, dass ein Unternehmen nicht auf erkennbare Missstände innerhalb der Lieferkette reagiert und nun für einen darauf zurückführenden Personenschaden haften soll. Flankiert wird diese Haftungsregelung durch die sogenannte Eingriffsnorm, welche die Anwendbarkeit dieser Haftung auch außerhalb der EU ermöglicht, wo eigentlich das lokale bzw. ausländisches Recht gilt.

Risiken für Unternehmen und Geschäftsleitende

Naheliegend sind nun vor allem Vermögensschadenrisiken für Unternehmen und Geschäftsleitende, und das bereits nach aktuellem Gesetzesstand des LkSG. Ein Beispiel dafür wäre eine unzureichende Umsetzung der im LkSG verankerten Sorgfaltspflichten (inkl. Beschwerdeverfahren). Bei Verstößen drohen Sanktionen und Maßnahmen, angeordnet durch das BAFA, insbesondere empfindliche Bußgelder in Höhe von bis zu 800.000 Euro oder zwei Prozent des Jahresumsatzes, Reputationsschäden mit negativen Folgen für den Umsatz und Vergabesperren bei öffentlichen Auftragen.

Organhaftungsrisiken entlang der Lieferkette

Die Anordnung von Maßnahmen durch die zuständige Behörde reichen bis zur Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu stark risikobehafteten Zulieferern, die dann auch Ertragsausfälle nach sich ziehen könnten. Der Ersatz entsprechender Vermögensschäden könnte bei Versäumnissen der eigenen Geschäftsleitung im Wege der Organhaftung bei eben dieser adressiert werden. Auch könnten Schadensersatzansprüche beim „störenden“ Unternehmen aus der Lieferkette geltend gemacht werden, welche anschließend wiederum von diesem bei den jeweils verantwortlichen Geschäftsleitenden regressiert werden könnten. Überall entlang der Lieferkette können sich also Organhaftungsrisiken realisieren.

Neue Managerhaftung im Kontext der CSDDD

Die CSDDD beabsichtigt, die Managerhaftung europaweit und damit auch in Deutschland nachhaltig verändern zu wollen. So reicht es für Organe nicht mehr, nur ihrer generellen Pflicht, im Unternehmensinteresse zu handeln, nachzukommen. Zusätzlich sind von Organen auch die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen für Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Und: Bei Versäumnissen sollen Organe entsprechend dafür haften müssen. Damit wäre das aktuelle Nachhaltigkeitsthema im Rahmen der Organhaftung gesetzlich dokumentiert, die konkrete Ausgestaltung wird jedoch von den EU-Mitgliedsländern noch vorgenommen werden müssen.

Auswirkungen der Lieferketten-Regelungen auf Unternehmen und Geschäftsleitende

Die Lieferketten-Regelungen beeinflussen die Haftungslage von Unternehmen und Geschäftsleitenden gleichermaßen. Dabei stehen diese Regelungen und ihre Sanktionsmechanismen stellvertretend für eine Vielzahl regulatorischer Rahmenbedingungen, mit denen Unternehmen fortwährend konfrontiert sind. Risikoprävention sowie Risikotransfer spielen insofern eine bedeutende Rolle. Insbesondere in Bezug auf den Risikotransfer kann mittels der D&O- und mithilfe von Rechtsschutz-Versicherungen Schutz vor Vermögensschadenrisiken geboten werden.

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06.10.2023

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