Auswirkungen des Anstiegs der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 2025

Der Regierungsentwurf der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025 vom 26. September 2024 sieht eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf 96.600 € pro Jahr vor. Das bedeutet eine Steigerung um 6,62 % und markiert den stärksten Anstieg seit Jahren. Für den Bereich der neuen Bundesländer fällt die Anpassung mit 8,05 % sogar noch höher aus, da ab 2025 die Beitragsbemessungsgrenze bundesweit einheitlich gilt.

Eine planmäßige Erhöhung in dieser Größenordnung hat es bisher noch nicht gegeben und sie wird Folgen für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und für die betriebliche Altersversorgung haben. Obwohl die BBG für die gesetzliche Sozialversicherung definiert wird, ist sie oft ein integraler Bestandteil von Versorgungszusagen zur betrieblichen Altersversorgung. Die Konsequenzen, die sich speziell aus der BBG-Entwicklung ab dem 01.01.2025 ergeben werden, sehen dabei je nach der Struktur der Versorgungszusage sehr unterschiedlich aus.
 

Endgehaltsabhängige Leistungszusagen und gespaltene Rentenformeln

Finden beispielsweise gespaltene Rentenformeln innerhalb von endgehaltsbezogenen Leistungszusagen Anwendung, die Gehaltsbestandteile oberhalb der BBG anders gewichten als Bestandteile bis zur BBG und für welche danach das Verhältnis von Gehalt und BBG zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls entscheidend ist, wird dies maßgebliche Konsequenzen auf die Höhe der voraussichtlichen Rentenleistungen haben.

Hier ist mit sinkenden Anwartschaften sowohl im Hinblick auf den Future-Service als auch auf den bereits erdienten Past-Service zu rechnen für den Fall, dass dem nicht mittels Gehaltserhöhungen begegnet werden wird. Vor allem für Mitarbeitende, die im Jahr 2025 oder in den unmittelbar folgenden Jahren in Rente gehen, kann dies eine starke Verringerung der Rentenhöhe bedeuten. Für Arbeitgeber hingegen stellt dieser Aspekt eine finanzielle Erleichterung dar, da entsprechende Auswirkungen auf die Höhe der Pensionsrückstellungen zu erwarten sind.

In vielen Fällen sind Anwartschaften in den Jahren 2023 und 2024 allerdings aufgrund hoher Gehaltssteigerungen und der zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgten außergewöhnlichen BBG-Steigerung stark angestiegen. Somit sind auch Rückstellungen angestiegen, was nun wieder ausgeglichen wird. Bereits im letzten Jahr wurde in Absprache mit betroffenen Unternehmen der Effekt des hohen Anstiegs der BBG durch eine Erhöhung des BBG-Trends bei der Bewertung der Pensionsrückstellung abgemildert.

Handelt es sich hingegen um eine beitragsorientierte Leistungszusage mit einer gespaltenen Planformel, so hat die Erhöhung der BBG nur Auswirkungen auf den aktuellen Beitrag bzw. für die zukünftigen Beiträge. Dies, sofern das Gehalt nicht entsprechend angeglichen wird. Bereits erdiente Anwartschaften der Zusage sind nicht betroffen. Bei dieser Variante sind die Auswirkungen also nicht als so erheblich zu qualifizieren wie bei endgehaltsabhängigen Leistungszusagen.
 

Herausforderungen in Gesamtversorgungssystemen

Die wohl vielseitigsten Konsequenzen sind bei Gesamtversorgungssystemen zu erwarten. Gesamtversorgungssysteme sind eine Form der betrieblichen Altersversorgung, bei der die Rentenansprüche eines Arbeitnehmers aus verschiedenen Quellen kombiniert werden, um ein bestimmtes Versorgungsniveau zu erreichen. Dies bedeutet, dass die betriebliche Altersversorgung nicht allein die Rentenhöhe bestimmt, sondern in Kombination und unter Anrechnung anderer Rentenleistungen – wie der gesetzlichen Rente – ein festgelegter Gesamtbetrag erzielt wird. Es soll ein festes Versorgungsniveau sichergestellt werden, ungeachtet der Höhe der jeweiligen gesetzlichen Rente. Für die Ermittlung der gesetzlichen Rente sind neben der BBG auch das Durchschnittsentgelt und der Rentenwert heranzuziehen. Als Grundlage der Berechnung dieser Werte dient wiederum die Ermittlung des Lohnzuwachses. Das vorläufige Durchschnittsentgelt wird in 2025 um mehr als 11 % ansteigen. Bei der Bewertung der Pensionsrückstellungen wird zur Schätzung der anzurechnenden gesetzlichen Rente das steuerlich anerkannte sog. Näherungsverfahren herangezogen.

In Folge der Erhöhung der BBG und des Durchschnittsentgeltes werden im Näherungsverfahren bei gleichem Gehalt deutlich weniger Entgeltpunkte für die Zukunft zugerechnet. Damit ergibt sich eine geringere anzurechnende Rente als beispielsweise mit den Parametern des Jahres 2024. Nach den Angaben der Arbeitsgemeinschaft betrieblicher Altersversorgung (aba e.V.) auf der Herbsttagung am 18. September 2024 macht dieser Effekt ungefähr 3 % bis 5 % der Höhe der anzurechnenden Rente aus. Der gleichzeitige Anstieg des aktuellen Rentenwerts kann diese Senkung derweil nur teilweise ausgleichen. Hierbei kommt es maßgeblich auf die Höhe des Gehalts der jeweiligen Mitarbeiter an.
 

Positive Effekte der BBG-Erhöhung auf die Entgeltumwandlung

Bei Entgeltumwandlungen ergeben sich hingegen positive Auswirkungen für die Arbeitnehmer, die nun die Möglichkeit haben, höhere Beiträge (steuer- und sozialabgabenfrei) in ihre betriebliche Altersversorgung einzubringen. Die Beiträge für die Entgeltumwandlung sind bis zu einer Höhe von 4 % der BBG (3.864 € p. a.) sozialversicherungsfrei.

Für die versicherungsförmigen Durchführungswege Pensionsfonds, Pensionskassen oder Direktversicherungen steigt die Grenze für Beiträge, die gemäß § 3 Nr.63 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei in Höhe von 8 % der BBG (7.728 € p. a.) umgewandelt werden können.
 

Auswirkungen auf die Abfindungen von Kleinstanwartschaften

Weitere Auswirkungen sind bei Abfindungen von Kleinstanwartschaften (vgl. § 3 Abs. 2 BetrAVG) zu erwarten, die sich an der Bezugsgröße der Sozialversicherung zu orientieren haben. Diese ist relevant für die Abfindungsgrenze gem. § 3 Abs. 2 BetrAVG, wonach bis zu einer Monatsrente von 1 % der monatlichen Bezugsgröße einseitig durch den Arbeitgeber abgefunden werden kann. Die Bezugsgröße ist das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Dementsprechend wird auch diese zum 01.01.2025 steigen und die Abfindungen von weiteren Anwartschaften – bis zu einer monatlichen Rentenhöhe von 37,45 € bzw. einem Kapitalbetrag von 4.494 € - ermöglichen.
 

Anpassungen bei der Höchsthaftungsgrenze des PSVaG

Des Weiteren ist die Bezugsgröße maßgeblich für die Höchsthaftungsgrenze des Pensions-Sicherungs-Vereins a.G. (PSVaG), wonach laufende Renten und Anwartschaften im Insolvenzfall bis zum Dreifachen der Bezugsgröße durch den PSVaG abgesichert sind.
 

Weitere Effekte auf Altersteilzeit- und Jubiläumsgeldverpflichtungen

Abgesehen von den Auswirkungen des BBG-Anstiegs auf Pensionsverpflichtungen ergeben sich auch Folgen für die Höhe von Rückstellungen für Altersteilzeit- und Jubiläumsgeldverpflichtungen. Letztere können entsprechend durch den gleichzeitigen Anstieg der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung betroffen sein. Auf beide Fallgruppen soll noch kurz eingegangen werden auch wenn es sich nicht um betriebliche Altersversorgung handelt.

Bei Altersteilzeitverpflichtungen trägt der Arbeitgeber die Rentenversicherungsbeiträge für einen eventuellen Unterschiedsbetrag aus 90 % der auf die BBG begrenzten „Vollzeit“-Bezüge und den „Teilzeit"-Bezügen. Bei Bezügen oberhalb der BBG werden keine Rentenversicherungsaufstockungsbeträge fällig. Die Rückstellungen für die Aufstockungsbeträge können durch den Anstieg der BBG entsprechend ansteigen.

Bei der Bewertung des Erfüllungsrückstandes der Altersteilzeitverpflichtung wird für jeden Monat der Arbeitsphase ein Betrag in Höhe eines monatlichen Altersteilzeitgehaltes angesammelt. Dieser kommt erst mit Verzögerung in der Freistellungsphase zur Auszahlung. Bei der Bildung der Rückstellung wird auch berücksichtigt, dass während der Auszahlung in der Freistellungsphase zusätzlich Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu berücksichtigen sind. Somit könnte auch die Rückstellung für den Erfüllungsrückstand aufgrund des Anstieges der Beitragsbemessungsgrenzen anwachsen. Allerdings sind Altersteilzeitgehälter nur in seltenen Fällen höher als die Obergrenzen der Bemessungsgrenzen. Ein Anstieg der Rückstellungen für Erfüllungsrückstände sollte daher die Ausnahme sein, da dieser Fall nur eintritt, wenn der Mitarbeiter in Altersteilzeit zuvor oberhalb der BBG verdient hat und durch den Anstieg der BBG das Gehalt nunmehr dahinter zurückbleibt.

Jubiläumsrückstellungen werden nicht nur über die Höhe der Jubiläumsleistung selbst gebildet, sondern auch durch Berücksichtigung von Sozialversicherungsabgaben, die zusätzlich durch die Erhöhung des Gehalts im Jahr des Jubiläums aufgrund der Jubiläumsleistung entstehen. Sozialversicherungsabgaben werden insgesamt für mehrere Leistungen berücksichtigt. Neben dem Gehalt entfallen Sozialversicherungsabgaben je nach arbeitsvertraglicher Zusage auf Festbeträge, mögliche zusätzliche jubiläumsbedingte Urlaubstage sowie unter gewissen Bedingungen Sachgeschenke. Die Sozialversicherungsabgaben sind nur für Einkommensbestandteile bis zur Beitragsbemessungsgrenze abzuführen. Durch den Anstieg der BBG kann die Höhe der Sozialversicherungsabgaben ebenfalls ansteigen, was wiederum zu einer Erhöhung der Rückstellungen führen würde.


Fazit

Die Auswirkungen der außergewöhnlichen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen sowohl der gesetzlichen Rentenversicherung als auch der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind vielfältig und führen abhängig von den konkreten Personalverpflichtungen zu einem mehr oder weniger hohen Beratungsbedarf beim Kunden.

14.11.2024

Ihr Kontakt

Sandra Benerowski

Laura Kahl