
Der Roboter als Kollege
Roboter in der Arbeitswelt? Das ist längst keine Zukunftsmusik mehr. Mittlerweile zeichnet sich sehr konkret ab, in welchen Bereichen Maschinen und Algorithmen den Menschen unterstützen – und vielleicht ersetzen. Funk Forum sprach mit dem US-Experten Martin Ford über das Thema.
In welchen Industriebereichen werden wir es in der Arbeitswelt künftig mit Robotern zu tun haben?
In jedem Bereich! Und nicht nur im industriellen Bereich, sondern auch im Service, etwa in Fast-Food-Restaurants oder im Einzelhandel. Zu den Robotern kommt lernfähige Software hinzu.
Dass Roboter früher oder später die Produktion in Fabriken übernehmen werden – sehr nachvollziehbar. Aber wirklich im Service?
Ohne Frage wird es Bereiche geben, in denen wir es weiterhin mit Menschen zu tun haben wollen. Ich will nicht sagen, dass alle Jobs automatisiert werden, aber ein hoher Prozentsatz wird betroffen sein. Es gibt zum Beispiel einen Gastronomieroboter, der Hamburger belegt und zubereitet und viele Arbeitsplätze im Fast-Food-Bereich überflüssig machen wird. Roboter mit menschlichen Zügen werden außerdem bereits an der Rezeption von Hotels eingesetzt.

Künstliche Intelligenz: Nach Einschätzung von Martin Ford wird die Arbeitswelt dadurch gründlich umgekrempelt werden.
Wie sieht es mit der Automatisierung in der Landwirtschaft aus?
Roboter werden hier viele Jobs übernehmen: Sie können zum Beispiel empfindliches Obst und Gemüse pflücken. Außerdem werden automatisierte Traktoren und Maschinen in Verbindung mit dem sogenannten Präzisionsackerbau eingesetzt. Das heißt, die Maschinen messen Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit und nutzen diese aus.
Haben Sie ein Beispiel für einen Beruf, der eine hohe Ausbildung erfordert und der dennoch künftig von einem Roboter ausgeführt werden wird?
Ein Job, bei dem man es vielleicht nicht auf den ersten Blick erwartet, ist der des Radiologen. Die Auswertung und Interpretation von Röntgenbildern wird ausschließlich von Maschinen ausgeführt werden – bereits jetzt sind Maschinen bei dieser Aufgabe besser als Menschen. Und das, obgleich die Arbeit eines Radiologen eine umfangreiche Ausbildung und sehr viel Übung erfordert.
Die Furcht davor, dass die Maschinen den Menschen arbeitslos machen, ist nicht neu. Es gab sie schon zu Zeiten der Industrialisierung. Es verschwinden zwar Jobs, weil Maschinen sie übernehmen. Dafür entstehen aber neue, bessere Jobs. Warum ist diesmal – Ihrer Einschätzung nach – alles anders?
Der größte Unterschied ist, dass die Maschinen jetzt anfangen zu denken, sie lösen uns in Jobs ab, die Intelligenz erfordern und nicht Muskelkraft. Außerdem ist die Robotertechnologie nicht auf einen Wirtschaftszweig beschränkt, sondern sie wird alle Bereiche durchdringen – ähnlich wie die Elektrizität. Natürlich werden dadurch auch neue Jobs geschaffen, aber diese werden hochdifferenzierte Fähigkeiten und eine umfassende Ausbildung erfordern. Der durchschnittliche Arbeitnehmer wird nicht ohne weiteres darauf umschulen können.
Wie schnell wird die Robotisierung voranschreiten?
Ich denke, die große Disruption – sowohl bei Robotern als auch in der künstlichen Intelligenz – wird binnen der nächsten zehn bis 20 Jahre stattfinden. Und das ist eher konservativ geschätzt. Viele Ingenieure und Software-Entwickler meinen, dass es bereits in den kommenden fünf bis zehn Jahren passieren könnte.
Kann es sein, dass die Hersteller von Robotern bei der Leistungsfähigkeit ihrer Erfindungen häufig übertreiben? Von dem humanoiden Roboter Pepper, der im Sommer 2016 noch gefeiert wurde, hörte man kürzlich, dass er in einem belgischen Krankenhaus hoffnungslos überfordert war mit der relativ simplen Aufgabe, Besuchern den Weg zu zeigen.
Natürlich kann das der Fall sein. Und in einigen Bereichen wird es sicher auch noch lange dauern, bis die Roboter wirklich hilfreich sind. Ich denke, dass wir generell dazu tendieren, die Auswirkung neuer Technologie auf kurze Sicht zu überschätzen – sie aber auf lange Sicht zu unterschätzen.
Inwieweit werden Roboter eigentlich kreative Tätigkeiten ausführen können?
Es gibt bereits jetzt Algorithmen, die Bilder malen, welche von einem von Menschen gemalten Bild nicht zu unterscheiden sind. Außerdem gibt es schon Programme, die Musikstücke und ganze Symphonien komponieren.
In welchem Maße werden Roboter lernfähig sein?
Roboter lernen bereits. Tatsächlich ist das Maschinenlernen – das sogenannte „Deep Learning“ – die treibende Kraft hinter den Entwicklungen, die wir gerade erleben. Es gibt keinen Programmierer, der den Robotern oder den Algorithmen Schritt für Schritt sagt, was sie tun müssen. Stattdessen analysieren sie Daten und ziehen daraus ihre Schlüsse.

Martin Ford gehört zu den gefragtesten Speakern und Autoren zum Thema Roboter und Software in der Arbeitswelt. Ford hat zudem Thema zahlreiche Artikel in Magazinen wie Fortune, Forbes, Washington Post und der Huffington Post veröffentlicht.
Sein jüngstes Buch „Aufstieg der Roboter“beleuchtet ausführlich die Veränderungen der Arbeitswelt durch den Einsatz von Robotern. Ford ist zudem Gründer eines im Silicon Valley angesiedelten Software-Unternehmens und seit über 25 Jahren in den Bereichen Computergrafik und Software-Entwicklung tätig.