Betriebliche Altersversorgung im Fokus – Novellierung des Nachweisgesetzes

Aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union („Arbeitsbedingungsrichtlinie“) tritt am 1. August 2022 (vorbehaltlich der Verkündung des Gesetzes bis zum 31. Juli 2022) eine Änderung des Nachweisgesetzes in Kraft.

Das bereits über 25 Jahre alte Nachweisgesetz (NachwG) regelt, dass der Arbeitsvertrag und die wesentlichen Arbeitsbedingungen, wie z. B. auch die betriebliche Altersversorgung (bAV), betriebliche Krankenversicherung und Zeitwertkonten, schriftlich niederzulegen sind. Dies gilt auch für alle Änderungen von wesentlichen Arbeitsbedingungen.

Die „Arbeitsbedingungsrichtlinie“ der Europäischen Union trägt in diesem Kontext der Digitalisierung Rechnung und ermöglicht neben der Schriftform ausdrücklich eine elektronische Übermittlung. Von der Option der Digitalisierung hat der deutsche Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht, vielmehr bleibt es bei dem strengen Schriftformerfordernis, welches durch das NachwG auch bisher schon verlangt wird.

Wichtige Inhalte des Nachweisgesetzes

Laut Nachweisgesetz hat der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und den Arbeitnehmer*innen auszuhändigen (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG). Zu den wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses gehört auch die Höhe des Arbeitsentgeltes (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 NachwG). Hiervon umfasst sind somit beispielsweise Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, von Zeitwertkonten und der betrieblichen Krankenversicherung, da diese auch Entgeltcharakter besitzen. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG a.F. ist die elektronische Form ausgeschlossen, sodass eine qualifiziert elektronische Signatur das Erfordernis einer handschriftlichen Unterschrift nicht ersetzen kann.

Strenges Schriftformerfordernis als Auflage des Nachweisgesetzes

Das Schriftformerfordernis zur Einhaltung der Nachweispflicht bedeutet, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses ihrem Inhalt nach schriftlich dokumentieren und diese Dokumentation handschriftlich unterschreiben muss (vgl. § 126 Bürgerliches Gesetzbuch). Da vom Schriftformerfordernis – wie bereits beschrieben – auch Änderungen der wesentlichen Arbeitsbedingungen erfasst sind, ist das Erfordernis gerade auch für den Abschluss und die Änderung bestehender Entgeltumwandlungsvereinbarungen zu berücksichtigen. Der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt werden, dass sich eine abweichende Ansicht hierzu in einem Schreiben findet, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 7. Juli 2022 an die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (AZ: IVb4 – IV b4-49630-1) gesendet hat: Hier wird angeführt, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung die Verwendung von Arbeitsentgelt darstellt und der Arbeitgeber diesbezüglich nicht informieren muss.

Die Entgeltumwandlung führt allerdings in ihrem Kern zu einem anteiligen Lohnverzicht (unabhängig davon, ob der Verzicht mit dem Ziel der Teilnahme an der bAV oder an einem Zeitwertkonto erklärt wurde) und damit zur Änderung der durch den Arbeitgeber geschuldeten Vergütungshöhe. Die Vergütung ist wesentlicher Teil der Arbeitsbedingungen, Änderungen sind gemäß dem Nachweisgesetz zu dokumentieren.

Wesentliche Änderungen für die bAV aufgrund der Gesetzesnovelle

Für den Zeitpunkt der Aushändigung der Niederschrift über die Höhe des Arbeitsentgeltes ist der Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses entscheidend. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 begründet worden ist, ist auf Verlangen der Arbeitnehmer*innen diesen die Niederschrift innerhalb von sieben Tagen auszuhändigen.

Für Arbeitsverhältnisse, die erst nach dem 1. August 2022 begründet worden sind, gilt, dass den Arbeitnehmer*innen die Niederschrift über die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 NachwG) spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung mitzuteilen ist.

Wenn der Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, muss der Arbeitgeber grundsätzlich den Namen und die Anschrift des Versorgungsträgers mitteilen. Diese Information ist als Niederschrift spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG). Die Pflicht zur Information entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist. Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds sind nach §§ 234k ff. Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) zur Information verpflichtet. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen keine Angaben des Versorgungsträgers mitteilen.  

Die notwendigen Angaben nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 7, 13 NachwG können durch einen Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Dienstleistungsvereinbarungen ersetzt werden.

Eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist den Arbeitnehmer*innen an dem Tag, an dem sie wirksam wird, schriftlich mitzuteilen.

Dies gilt nicht bei einer Änderung von gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Dienstleistungsvereinbarungen.

Der Verstoß gegen das Nachweisgesetz wird mit einem Bußgeld bewehrt. Hiernach handelt derjenige ordnungswidrig, der entgegen § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG die wesentlichen Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 2.000 Euro pro Verstoß geahndet werden. Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz hat jedoch keine Auswirkungen auf die Gültigkeit von Rechtsakten (z. B. Erteilung von Versorgungzusagen, Entgeltumwandlungsvereinbarungen usw.). Die – insbesondere formelle – Wirksamkeit von Rechtsakten bestimmt sich weiterhin nach den für den jeweiligen Rechtsakt maßgeblichen Bestimmungen. Hierbei können beispielsweise einschlägige besondere Formvorschriften, die sich aus dem Arbeitsvertrag, Tarifverträgen oder Ähnlichem ergeben, zu berücksichtigen sein.

Nur geringfügige Änderung der Regelungen

Grundsätzlich wurden die bestehenden Regelungen zum Nachweisgesetz nicht nachhaltig verändert. Es setzt weiterhin voraus, dass den Arbeitnehmer*innen die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich ausgehändigt werden müssen. Verstöße gegen das Nachweisgesetz zogen bis dato keine Konsequenzen nach sich. Aufgrund der neuen Bußgeldregelung sollten Arbeitgeber ihre derzeitige Vorgehensweise in Bezug auf das Nachweisgesetz kontrollieren und ggf. nachjustieren. Sofern Arbeitgeber bereits die Voraussetzungen des Nachweisgesetzes erfüllen, besteht für diese kein weiterer Handlungsbedarf.

 

20.07.2022

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Marie-Claire Rösgen
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