Der Versorgungsausgleich im stetigen Wandel

Der Versorgungsausgleich unterliegt derzeit einem starken Wandel. Insbesondere im letzten Jahr haben sich in diesem Zusammenhang verschiedene Neuerungen ergeben. Wir geben Überblick über die rechtlichen Änderungen und zeigen Konsequenzen für die Praxis.

Zum einen wurden für die externe Teilung aufgrund des bundesverfassungsgerichtlichen Urteils im Mai 2020 neue Maßstäbe gesetzt. Zum anderen entschloss sich der Gesetzgeber das Versorgungsausgleichsrecht zu novellieren und verabschiedete einen entsprechenden Regierungsentwurf am 25. November 2020. 

Das Versorgungsausgleichsrecht unterlegt derzeit verschiedenen Neuerungen, die in bestehenden Teilungsordnungen ggf. noch nicht umgesetzt wurden.

Daher empfiehlt es sich, bestehende Teilungsordnungen auf ihre Aktualität zu überprüfen und an die geltende Rechtslage anzupassen.

Gerne prüfen wir Ihre bestehende Teilungsordnung auf Aktualität und setzen nötige Änderungen für Sie um. Bitte sprechen Sie uns für eine individuelle Beratung zu diesem Thema an.

Bundesverfassungsgerichtliches Urteil vom 26. Mai 2020, AZ: 1 BvL 5/18

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 26. Mai 2020 neue Maßstäbe für die externe Teilung gesetzt. In seinem Urteil klärte es zunächst die Frage, ob § 17 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG), der die externe Teilung für Versorgungszusagen in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse regelt, verfassungswidrig sei. Im Ergebnis wurde dies verneint, denn § 17 VersAusglG könne verfassungsgemäß durch die Familiengerichte umgesetzt werden.

Schwerpunkt der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung waren die sog. Transferverluste. Diese entstehen dadurch, dass bei der Ausgangsversorgung mit einem anderen Rechnungszins gerechnet wird als bei dem Zielversorgungsträger.

In der Praxis bedeute dies nun, dass die Familiengerichte einen Vergleich zwischen den zu erwartenden Leistungen bei einer fiktiven internen Teilung und den zu erwartenden Leistungen bei dem gewählten externen Versorgungsträger durchführen müssen. Hierbei wird eine Abweichung von maximal 10% als verfassungskonform angesehen. Die Festsetzung dieses maximalen Transferverlustes kann dazu führen, dass die Familiengerichte höhere Ausgleichswerte ansetzen und diese vom Berechnungsvorschlag des Arbeitgebers oder des Versorgungsträgers abweichen. Im Ergebnis müsste der Arbeitgeber dann den entsprechenden Betrag nachschießen und könnte nicht mehr „aufwandsneutral“ an den Zielversorgungsträger leisten. 

Rechtsprechung zu den Rechnungszinsen bei interner Teilung

Für die Ermittlung der Versorgungsanrechte bei einer internen Teilung hat die obergerichtliche Rechtsprechung in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Beschlüsse erlassen. In diesen hat sie sich mit den Anforderungen an die Rechnungsgrundlagen bei einer internen Teilung auseinandergesetzt.

So hat das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung im Jahr 2014 (OLG Stuttgart Beschluss vom 31.10.2014, AZ: 15 UF 113/14) beschlossen, dass eine Teilungsordnung, die für die Ermittlung des Versorgungsanrechts für den ausgleichsberechtigten Ehegatten die aktuellen Rechnungsgrundlagen, somit den aktuellen Rechnungszins, heranzieht, den Anforderungen des Halbteilungsgrundsatzes
(§ 11 VersAusglG) nicht gerecht wird und deshalb nichtig sei. Im Ergebnis müsse der Rechnungszins des auszugleichenden Versorgungsanrechts für die Berechnung verwendet werden.

Ebenso hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, dass eine gleichwertige Teilhabe des ausgleichsberechtigten Ehegatten nur als gegeben anzusehen sei, wenn für die Ermittlung seines Versorgungsanrechts vollumfänglich die geltenden Rechnungsgrundlagen wie für das auszugleichende Versorgungsanrecht gelten (OLG Frankfurt  Beschluss vom 17.09.2019, AZ: 4 UF 273/17).

Auch das Oberlandesgericht Brandenburg stellte fest, dass eine Teilungsordnung die auf aktuelle Rechnungsgrundlagen oder einen aktuellen Tarif verweist durch die Familiengerichte so umgesetzt werden muss, dass eine gleichwertige Teilhabe gewährleistet wird (OLG Brandenburg Beschluss vom 31.08.2020, AZ: 9 UF 86/20).

Um eine gleichwertige Teilhabe beider Ehegatten zu gewährleisten, müssten für das auszugleichende Versorgungsanrecht die gleichen Rechnungsgrundlagen, insbesondere Rechnungszins, Sterbetafel, sowie Kosten, wie für das bestehende Versorgungsanrecht gelten.

 

Konsequenzen für die Praxis

Für die Praxis bedeutet dies nun, dass aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase eine externe Teilung in den meisten Fällen nicht mehr aufwandsneutral durchgeführt werden kann.

Aufgrund des bundesverfassungsgerichtlichen Urteils müssen die Familiengerichte zukünftig die zu erwartende Leistung bei externer Teilung mit der zu erwartenden Leistung bei einer fiktiven internen Teilung vergleichen. In Anbetracht der derzeitigen Niedrigzinsphase liegen die aktuellen Rechnungszinsen bei einer externen Teilung oft hinter denen einer fiktiven internen Teilung zurück, da für diese gemäß der oben zitierten oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung die alten Rechnungsgrundlagen Anwendung finden müssen. Es ist deshalb zu erwarten, dass die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform angesehene Grenze eines Transferverlusts von 10% häufig überschritten wird und der Arbeitgeber entweder nachfinanzieren oder sich doch für die Durchführung einer interne Teilung entscheiden muss.

 

Regierungsentwurf zur Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 25. November 2020

Auch der Gesetzgeber ist im Hinblick auf das Versorgungsausgleichsrecht im letzten Jahr tätig geworden und hat am 25. November 2020 einen Regierungsentwurf zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts vorgelegt.

Die letzte Reform des Versorgungsausgleichsrechts erfolgte durch die Strukturreform im Jahr 2009. Die seit dem erlangten Erkenntnisse aus der Praxis haben gezeigt, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, weshalb nun nachjustiert wird.

So sollen zukünftig verschiedene Anrechte der betrieblichen Altersvorsorge, die bei einem Versorgungsträger bestehen, für die Ermittlung der Wertgrenzen bei einer externen Teilung nach
§§ 14, 17 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) zusammengerechnet werden. Ziel der Neuregelung ist es, die Wertgrenzen effektiv durchzusetzen und deren Durchschlagskraft zu erhöhen.

Außerdem soll im Fall einer Rentnerscheidung die Möglichkeit bestehen, den schuldrechtlichen Ausgleich zu wählen. Dem ausgleichsberechtigten Ehegatten wird somit ein Wahlrecht zwischen dem gesetzlichen Versorgungsausgleich und dem schuldrechtlichen Ausgleich eingeräumt.

 

10.02.2021

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Denise Prucha

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