Protokoll eines Großbrandes: vom Alarm bis zur Schadenregulierung

Wenn bei Lars Imbeck das Telefon klingelt, geht es meist um sehr viel Geld. Der Schadenkoordinator von Funk wird bei Sachgroßschäden aller Art gerufen. Im Themen-Blog kommentiert er einen seiner beeindruckendsten Fälle: den Großbrand beim Bauzulieferer Schüco im Jahr 2019.

 

 

Sonntag, 17. März: Rauch, Flammen und giftiges Löschwasser

 

Um 18:36 Uhr löst die Brandmeldeanlage im Werk 2 von Schüco am Standort Borgholzhausen (NRW) einen Alarm im Bereich der Eloxal-Anlage aus. Produziert werden hier Griffleisten, Aluminiumteile und Beschläge, z. B. für Küchen. Die Feuerwehr trifft um 18:50 Uhr ein. Gegen 19:30 Uhr kommt es zur starken Rauchentwicklung und zum Durchschlag der Flammen. Gegen 22:30 Uhr ist das Feuer schließlich unter Kontrolle.

Lars Imbeck: Die Eloxal-Anlage ist eine galvanische Anlage. Das sind mehr als 30 Becken, die unter anderem Salze, Kupfer und Kadmium enthalten und in denen chemische/elektrische Prozesse ablaufen. Darin werden Teile bearbeitet, z. B. Küchenleisten aus Aluminium – ein häufiges Verfahren in der Industrie.


Parallel wurde die Luftbelastung gemessen und die Warn-App NINA ausgelöst. Gegen 23:00 Uhr zeigten sich keine nennenswerten Belastungen mehr.

Lars Imbeck: Brände führen immer zu einer Luftbelastung. Was in diesem Fall reibungslos geklappt hat: Das Löschwasser der Feuerwehr wurde im Rückhaltebecken im Keller aufgefangen und entsorgt. So konnte eine Umweltkontamination durch frühzeitiges Absperren des Mischwasserkanals vermieden werden. Das Löschwasser ist dann Sondermüll und muss entsprechend entsorgt werden.


Zur Schadenursache kann die Kripo unmittelbar nach den Löscharbeiten noch nichts sagen. Die Schadenstelle wird abgesperrt, die Halle ist einsturzgefährdet. Es wird von Brandstiftung bis zum elektrischen Defekt ermittelt.

Lars Imbeck: Nicht nur die Kripo möchte herausfinden, was passiert ist: Wenn Unternehmen die Schadenursache kennen, können sie ihre Brandschutzmaßnahmen verbessern. Deshalb kommen oft eigene Gutachter*innen zum Einsatz, auch in diesem Fall.





Montag, 18. März: Ein schlagkräftiges Schadenteam

 

Am Montagmorgen informiert Schüco seinen Versicherungsmakler Funk über den Schaden. Schnell ist klar, dass es sich um einen Großschaden handelt. Funk stellt direkt eine eigene Taskforce zusammen und informiert den führenden Versicherer, den HDI. Gemeinsam wird nun ein Schadenteam organisiert. Dieses besteht aus Sachverständigen aus den Bereichen Gebäude, Betriebseinrichtung, Vorräte und Ertragsausfall, außerdem aus Chemiker*innen, Statiker*innen, Schadenursachen-Sachverständigen und einer Sanierungsfirma.

Lars Imbeck: Wir haben ein großes Netzwerk an Sachverständigen, auf das wir zurückgreifen können. Dazu kommen die Expert*innen der Versicherer sowie manchmal des Kunden. In diesem Fall gab es einen Beirat, alle Beteiligten haben sich also zusammengeschlossen und an einem Strang gezogen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass so viele unterschiedliche Personen am Brandort sind. Für manche Kunden, die sich sowieso gerade in einer Ausnahmesituation befinden, kann das verwirrend sein. Deshalb ist es uns wichtig, dass Funk immer als zentraler Ansprechpartner vor Ort ist und die Kommunikation steuert.





Dienstag, 19. März: Erste Aufräumarbeiten und Drohnenflüge

 

Das Team ist vor Ort und bespricht Aufgaben, Abläufe und Maßnahmen. Erste vorsichtige Schadenschätzungen gehen von einem Sach- und Ertragsausfall-Schaden von bis zu 30 Millionen Euro aus. Zwei Hallen sind einsturzgefährdet und müssen aufwendig zurückgebaut werden. Drohnen kommen zum Einsatz, um das Schadenausmaß in den Hallen zu erkunden. Die Standfestigkeit einer dritten Halle wird überprüft.

Lars Imbeck: Es wäre lebensgefährlich gewesen, die Hallen zu betreten, außerdem waren sie noch polizeilich gesperrt. Die Drohnen-Firma haben wir über den Versicherer beauftragt. Sie hat einen 3-D-Scan angefertigt, der wichtige Erkenntnisse geliefert hat.


Erste Planungs-, Erstellungs- und Montagezeiten für eine Wiederanschaffung der Eloxal-Anlage lassen einen Unterbrechungszeitraum von mindestens 15 Monaten befürchten.

Lars Imbeck: Wichtig ist, dass die Sanierungsfirma schnell vor Ort ist und mit dem Aufräumen beginnen kann, damit die Betriebsunterbrechung möglichst kurz ist. Außerdem sollten in solchen Fällen sofort Fremdkapazitäten im In- und Ausland ermittelt werden, damit das Unternehmen lieferfähig bleibt.


Der führende Versicherer gibt direkt am 19. März eine erste Akontozahlung in Millionenhöhe frei.

Lars Imbeck: Direkt nach einem Brand ist das Ausmaß des Schadens noch nicht ersichtlich. Die erste Zahlung des Versicherers soll Unternehmen Liquidität ermöglichen, sagt aber noch nichts über die gesamte Regulierung aus.





Die nächsten Wochen und Monate: Lohnfertiger und Neubaupläne

 

Zwei weitere Versicherer aus dem Beteiligungsverhältnis melden im Laufe der ersten Woche ihre Teilnahme an der Schadenregulierung an. Am 8. April gibt Schüco bekannt, dass erste Produkte von den Lohnfertigern zurück sind, die Qualität wurde zu diesem Zeitpunkt noch geprüft.

Lars Imbeck: Eine sogenannte Regulierungskommission ist bei einem Großschaden üblich. Funk behält auch hier die Fäden in der Hand und kommuniziert mit dem Kunden.


Zwei Hallen sind noch von der Kripo gesperrt. Schüco ist vorbildlich organisiert und kann Bauunterlagen, Brandschutzkonzepte sowie BImSch-Genehmigungen vorlegen. Die Schadenursache kann aber nicht abschließend ermittelt werden. Am 8. Juli ist der Brandschutt geräumt und entsorgt, und es liegen Neubaupläne vor.

Lars Imbeck: Dadurch, dass wir der Kripo einen eigenen Ursachensachverständigen zur Seite stellen konnten, haben wir den Prozess beschleunigt. Es ist wichtig, die Schadenstelle wieder frei zugänglich zu bekommen, um Abriss und Rückbau voranzutreiben.

„Wir fühlten uns in dieser schwierigen Zeit sehr gut betreut. Die Sachverständigen, die Funk uns empfohlen hat, waren exzellent und haben partnerschaftlich mit uns zusammengearbeitet. So haben wir schnell einen Überblick über die Situation bekommen und konnten die richtigen Schritte einleiten.“

Thomas Schlesing, Head of Group Treasury bei Schüco

Die Abrechnung am Jahresende: Was hat der Brand gekostet?

 

Der Gebäudeschaden beläuft sich auf einen mittleren einstelligen Millionenbetrag, hinzu kommen Entsorgungs- und Sanierungskosten. Der Zeitplan für den Wiederaufbau beträgt 15 Monate.

Lars Imbeck: Der Schaden war enorm, ich habe die Bilder noch vor Augen. Mehrere aneinandergebaute Hallenabschnitte waren zerstört, überall lagen Trümmer.


Für die Betriebseinrichtung werden eine Schadenschätzung von einem hohen einstelligen Millionenbetrag bei einem Eins-zu-eins-Wiederaufbau und ein Zeitraum von 17 Monaten genannt.

Lars Imbeck: Bei dieser Kalkulation wurden unter anderem der Technologiefortschritt und die Erstbefüllung der Galvanik-Becken eingerechnet.


Der Vorräteschaden wird ebenfalls beziffert, er liegt deutlich unter den anderen Summen.

Lars Imbeck: Zu Vorräten zählten hier Rohstoffe wie Öle und Fette, Halbfertig- und Fertigprodukte.


Der Betriebsunterbrechungsschaden wird mit mehreren Millionen Euro kalkuliert und konnte durch die provisorischen Maßnahmen verringert werden. Die Preise für die Fremdfertigung konnten nachverhandelt werden, was ebenfalls die Schadensumme verringert hat.

Lars Imbeck: Hier zeigt sich, dass schnelles Handeln bares Geld wert ist. Je früher die Maßnahmen greifen, desto geringer ist der Schaden. Deshalb setzen wir alle Hebel in Bewegung, damit das richtige Schadenteam schnell vor Ort ist.


Schüco prüft verschiedene Wiederaufbauvarianten, auch an anderen Standorten. Am 9. Dezember entscheidet sich das Unternehmen, den Sachschaden an den Gebäuden, der Betriebseinrichtung und den Vorräten auf Basis der ermittelten Werte abzurechnen. Der Sachschaden wird einvernehmlich zwischen den Parteien abgerechnet.

Lars Imbeck: Es ist eine strategische Entscheidung des Unternehmens, ob abgebrannte Gebäude und Maschinen wieder aufgebaut werden, ob andere Standorte genutzt werden sollen oder ob man einen Teil der Fertigung an Zulieferer auslagert. Die frühzeitige Abrechnung der ermittelten Werte gibt dem Unternehmen Spielraum.


Der Betriebsunterbrechungsschaden bleibt bis zum Ende der technisch-kaufmännischen Wiederherstellung offen und wird 2021 abgerechnet.

Lars Imbeck: Großschäden sind komplexe Angelegenheiten und dauern ihre Zeit. Deshalb ist es uns besonders wichtig, dass wir jederzeit ansprechbar sind.

 

27.09.2021

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