Rückruf wegen Ethylenoxid: Das leistet die Produkthaftpflicht-Versicherung

Das Gas Ethylenoxid sorgt seit Herbst 2020 für Unruhe und zahlreiche Rückrufe in der Lebensmittelbranche. Wir stellen zwei beispielhafte Schadenfälle vor, in denen Sesamkörner die Hauptrolle spielen – und zeigen, inwiefern die Produkthaftpflicht-Versicherung die Schäden deckt.

Das Problem mit dem Sesam, oder: wie die Rückrufe wegen Ethylenoxid begannen

Den 9. September 2020 wird die Lebensmittelbranche wohl nicht so schnell vergessen. An diesem Tag veröffentlichte Belgien im Europäischen Schnellwarnsystem die erste Meldung zu verunreinigtem Sesam. Der Grund: Der Grenzwert des Gases Ethylenoxid, genauer gesagt seines Abbauprodukts 2-Chlorethanol, wurde bei einer Lieferung aus Indien überschritten. In asiatischen Ländern wird Ethylenoxid noch zur Desinfinzierung von Oberflächen und Lebensmitteln eingesetzt, in der EU ist es seit 1991 verboten. Denn das Gas und sein Abbauprodukt sind potenziell krebserregend. Der erste Fund war dabei nur der Anfang: Im Oktober 2020 verschärfte die EU die Kontrollen zu Ethylenoxid. Schon bald stiegen die Rückrufe rund um Sesam (und weitere Lebensmittel) sprunghaft an – genauso wie die Anzahl der Schäden. Noch heute erfolgen Rückrufe wegen Ethylenoxid.

Schadenbeispiel 1: Sesam-Fehlkauf mit Folgen für deutsche Bäcker

Fehlkäufe gehören zum Leben wohl leider dazu. Besonders ärgerlich ist es aber, wenn sie das eigene Geschäft betreffen. Dicke Luft gab es so wohl auch bei vielen deutschen Bäckern, die verunreinigten Sesam in ihren Brötchen verarbeitet haben – und von den Behörden dann zum Rückruf wegen Ethylenoxid aufgefordert wurden, weil dessen Grenzwert überschritten wurde. Der beispielhafte Bäcker ist dabei ein geschädigter Kunde, der Schadenersatz von seinem Zulieferer fordert. Eine eigene Versicherung kann er leider nicht nutzen: Die Produkthaftpflicht-Versicherung greift nicht, da kein Dritter geschädigt ist und die mangelhafte Backware für ihn ein reiner Eigenschaden ist. Und die Produktschutz-Versicherung, die bei Eigenschäden mit Gesundheitsgefahr eigentlich einspringt, hat meist einen Krebsausschluss. Bei einem Rückruf wegen Ethylenoxid ist sie also ebenfalls keine Alternative. Für den weiteren Verlauf kommt es also darauf an, ob der Zulieferer haftet. Denn nur dann erhält der Bäcker Schadenersatz von seinem Lieferanten und dessen Versicherer (siehe Schadenbeispiel 2). Als Versicherungsmakler kann Funk hier nicht unterstützen, da der Bäcker nicht in Anspruch genommen wird. Es handelt sich aus seiner Sicht also nicht um einen Versicherungsfall, sondern um einen Regressfall.

Schadenbeispiel 2: knifflige Kettenreaktion rund um die Produkthaftpflicht-Versicherung

Aus Sicht des Zulieferers ist der Bäcker nur ein kleines Rad in einer langen Kette von Anspruchstellern. Denn importierte Gewürze werden häufig an diverse, auch internationale Abnehmer verkauft: Erst landet der Sesam z. B. in einer Sesampaste, die dann wiederum in einem Fertiggericht eines weiteren Herstellers eingesetzt wird. Jedes Glied dieser Kette kann bei einem behördlich angeordneten Rückruf wegen Ethylenoxid Ansprüche an den Zulieferer stellen. So entsteht schnell eine Lawine mit Schäden im siebenstelligen Bereich. Funk unterstützt Zulieferer und Verantwortliche rund um die Produkthaftpflicht-Versicherung als starker, unabhängiger Partner bei der genauen Prüfung des Schadenfalls. Das Ziel: Herauszufinden, ob die Voraussetzungen für eine Haftung des Zulieferers vorliegen. Dabei sind u. a. diese Fragen essenziell:

  • Ist im Endprodukt wirklich der Sesam des Zulieferers enthalten?
  • Besteht ein Direktanspruch an den Zulieferer, oder haftet ein späteres Glied der Kette, z. B. der Hersteller der Sesampaste?
  • Gilt deutsches Recht oder eine ausländische Rechtsordnung?
  • Hat der Zulieferer fahrlässig gehandelt, etwa weil er Warnmeldungen ignoriert hat?

Abhängig von den Antworten kann der Fall unterschiedlich ausgehen: Liegt nach deutschem oder ausländischem Recht eine Haftung vor, greift die Produkthaftpflicht- oder Rückruf-Versicherung. Wenn eindeutig keine Haftung des Zulieferers gegeben ist, wehrt dessen Versicherer die Ansprüche der Abnehmer ab. Ist die Haftung im Kontext des Ethylenoxid-Rückrufs dagegen unklar, wird oft eine kaufmännische Lösung gefunden, an der sich eventuell auch der Versicherer beteiligt. Bei höheren Beträgen wird stattdessen das Prozessrisiko bewertet, und die Geschädigten erhalten gegebenenfalls ein Vergleichsangebot. Nimmt z. B. der deutsche Bäcker dieses nicht an, muss er klagen.

 

26.04.2022

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Kerstin Schwarz

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