Bunte Container stapeln sich, symbolisieren wirtschaftliche Dynamik.

Neue Zölle, neue Risiken: Was Unternehmen jetzt beachten sollten

Spätestens seit der Ankündigung neuer, weitreichender US-Zölle Anfang 2025 ist klar: Der freie Welthandel, wie wir ihn kannten, steht zur Disposition. Die wirtschaftlichen und auch versicherungstechnischen Folgen dieser Entwicklung sind gravierend – und verlangen eine neue Risikostrategie.

Die geopolitischen Spannungen nehmen zu und mit ihnen die ökonomischen Risiken für Unternehmen. Die neuen Zölle der USA sowie entsprechende Gegenmaßnahmen der EU und Chinas betreffen zahlreiche Importgüter, von Stahl und Aluminium über Autoersatzteile bis hin zu Elektronik. Für die globale Wirtschaft bedeutet das steigende Preise, unterbrochene Lieferketten und sinkende Konsumkraft.

Investitionen werden auf Eis gelegt

Schon heute liegt der durchschnittliche Zoll auf importierte Waren in den USA bei 11,5 Prozent, der höchste Stand an US-Zöllen seit dem Zweiten Weltkrieg (siehe Grafik). Die Auswirkungen sind im exportstarken deutschen Mittelstand erheblich, insbesondere in der Maschinen- und Anlagenindustrie, in der Chemie- sowie Elektronik-Branche. Unternehmen zögern, in neue Anlagen und Standorte sowie ihr eigenes Wachstum zu investieren. Diese Unsicherheit bremst die deutsche Wirtschaft insgesamt und trifft auch die Versicherungsbranche. Besonders die Sach- und Haftpflichtversicherer stehen vor Herausforderungen: Sinkende versicherbare Werte, möglicherweise erhöhte Schadenkosten und damit einhergehende steigende Rückstellungen erschweren ein profitables Underwriting.

Trumps Durchschnittszollsatz wäre der höchste seit 1943

Durchschnittlicher Zollsatz auf alle Importe, historische Sätze von 1890 bis 2023, prognostizierter Satz für 2024, geschätzter Satz für 2025 unter Trumps eingeführten Zöllen. Tipp: Mit dem Mausrad in die Grafik hinein- oder herauszoomen.
 

Zolltarife im Zeitverlauf
Quelle: U.S. Census Bureau, U.S. International Trade Commission, Tax Foundation calculations

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Folgen für operative Abläufe und Versicherungen

Zölle wirken also wie Sand im Getriebe der globalen Wirtschaft. Unternehmen müssen Lieferketten neu denken, Produktionen verlagern und neue Partner finden. Die teils hohe inflationäre Entwicklung auf der Rohmaterial-Seite bekommt durch die globalen Zoll-Überlegungen nun erneut Auftrieb. Das führt unter anderem zu:

  • höheren Reparatur- und Wiederbeschaffungskosten (insbesondere in der Bau- und Automobilbranche),
  • längeren Lieferzeiten und Betriebsunterbrechungen,
  • neuen, oft unbekannten Risiken in der Logistik und Lieferkette,
  • erhöhtem Analyseaufwand bei Maklern und Versicherern, vor allem bei Policen rund um Sachwerte, Produkthaftung und Rückruf.

Gerade in diesen, durch Volatilität geprägten Zeiten, ist die laufende Anpassung des Versicherungsschutzes wichtig, um Unternehmen passgenau abzusichern. Stimmen die Eckdaten der Betriebsunterbrechungs-Versicherung sowie die Sach-Werte? Ist die Werteverteilung an den Standorten noch zeitgemäß? Passen die Haftpflicht-Limite für Produkthaftung und Rückruf? Das sind einige der Fragen, die Makler und Versicherer gemeinsam mit den Kunden prüfen sollten.

Spannungen auf dem Markt möglich

Die Zölle führen im schlimmsten Fall zu einer allgemeinen Rückkehr des härteren Marktes, also höheren Prämien, reduzierten Deckungen und strengeren Anforderungen. Daraus würde sich folgendes Szenario ergeben: Prämien steigen, um die steigenden Schaden- und Verwaltungskosten aufzufangen. Versicherer schränken Deckungen ein, etwa durch Sublimits oder neue Ausschlüsse. Unternehmen mit schwacher Governance oder Transparenz laufen Gefahr, bei der Platzierung benachteiligt zu werden. D&O-Risiken steigen, da Manager für schlechte Entscheidungen in Zollfragen haftbar gemacht werden könnten. Auch Reputationsrisiken könnten aus diesen Gründen zunehmen.

Zölle treffen auch Unternehmen ohne direkten Außenhandel

International tätige Unternehmen wissen, dass neue Zölle ihre Geschäftsabläufe beeinflussen werden. Doch manche Firmen unterschätzen ihr tatsächliches Risiko, vor allem dann, wenn sie selbst keine Waren importieren oder exportieren. Häufig fehlt der Einblick in die Prozesse der Tier-2- und Tier-3-Zulieferer, also der indirekten Lieferanten ihrer direkten Partner.

Kostensteigerungen und Störungen bei diesen vorgelagerten Lieferanten können sich wie ein Domino-Effekt durch die gesamte Lieferkette ausbreiten. Gleichzeitig verringert der weltweite Handelskonflikt die Transparenz: Ausweichstrategien, Zwischenhändler und neue Routen erschweren es, die Herkunft von Komponenten und Rohstoffen nachzuvollziehen. Die Versuchung, bei Qualität oder Sicherheitsstandards Abstriche zu machen, wächst – mit potenziell hohen Folgekosten. Verzögerungen, mangelhafte oder kontaminierte Produkte sowie Rückrufe können Unternehmen direkt finanziell treffen, selbst wenn sie nicht am Anfang der Lieferkette stehen.

Verträge mit Lieferanten genau prüfen

Um diesen Risiken zu begegnen, reicht es nicht aus, die Lieferkette nur grafisch zu erfassen. Unternehmen sollten Verträge mit ihren Lieferanten aktiv prüfen und aktualisieren. Dazu gehören unter anderem:

  • klar definierte Entschädigungs- und Versicherungsklauseln,
  • Regelungen zur geltenden Wahl des Gerichtstands und Rechtsordnung,
  • Mechanismen zur Aufteilung oder Neuverhandlung von Verantwortlichkeiten.

Viele Verträge enthalten sogenannte „Force-Majeure“-Klauseln, also Regelungen zu höherer Gewalt. Doch diese greifen häufig nicht explizit bei zollbedingten Ereignissen oder staatlichen Maßnahmen, die den Warenfluss behindern. Auch ist oft unklar, ob zum Beispiel Zollverzögerungen oder Handelsretorsionen als auslösende Ereignisse gelten. Klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards in Lieferverträgen sind daher unerlässlich. Unternehmen sollten zudem eindeutig regeln, wer intern befugt ist, Verträge abzuschließen, zu ändern oder Lieferanten zu wechseln. Solche Prozesse müssen dokumentiert und nachvollziehbar sein.

Versicherer berücksichtigen vertragliche Kontrollmechanismen inzwischen verstärkt bei der Zeichnung von Policen – insbesondere bei Betriebsunterbrechung, Produktrückrufen und Handelsstörungen. Unternehmen, die ein starkes Vertrags- und Risikomanagement nachweisen können, verbessern nicht nur ihre Versicherbarkeit, sondern auch ihre Verhandlungsposition gegenüber Versicherern.

Risikomanagement neu denken: 10 Handlungsempfehlungen

Die weitreichenden Auswirkungen von Zöllen erfordern einen proaktiven und anpassungsfähigen Ansatz beim Versicherungseinkauf und im Risikomanagement. Funk hat die wichtigsten zehn Tipps für Unternehmen zusammengefasst:

Nur durch enge Abstimmung aller relevanten Abteilungen (Finanzen, Recht, Einkauf, Betrieb, Führung) können Risiken ganzheitlich bewertet und wirkungsvoll gesteuert werden. Die Geschäftsführung sollte stets über alle wesentlichen Veränderungen informiert bleiben, um strategisch fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Tarifbedingte Risiken wie Lieferverzögerungen oder Handelsbeschränkungen müssen klar abgedeckt sein. Auch D&O-Deckungen und die Policen in der Kredit-Versicherung gehören auf den Prüfstand.

Nicht nur direkte Lieferanten zählen. Verträge und Versicherungen müssen auch entfernte Abhängigkeiten berücksichtigen (auf Tier-2- und Tier-3-Ebene) und Schäden aus geopolitischen Störungen möglichst eindeutig regeln.

Definieren Sie die Risikotoleranz Ihres Unternehmens neu, im Licht sich wandelnder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Planen Sie frühzeitig für mögliche Prämienerhöhungen, Ausweitungen von Selbstbehalten oder Kapazitätsengpässe, insbesondere in exportorientierten Branchen.

Verzichten Sie nicht auf essenzielle Deckungen, nur um kurzfristig Prämien zu sparen. Ziehen Sie Alternativen wie parametrische Lösungen oder strukturierte Versicherungsprodukte (z. B. virtuelle Captive) in Betracht, um Versicherungslücken zu schließen und gleichzeitig Budgets flexibel zu halten.

Zollentscheidungen können juristische Folgen haben – gute Vorbereitung schützt Führungskräfte und Unternehmen. Holen Sie rechtlichen Rat zu Offenlegungspflichten ein, um D&O- oder Aktionärsklagen zu vermeiden. Prüfen Sie Verteidigungsstrategien, Offenlegungspflichten und Entschädigungsregelungen in Verträgen.

Prüfen Sie Systeme, Plattformen und IT-Sicherheit Ihrer Partner, insbesondere bei schnellen Änderungen aufgrund von Handelsstörungen. IT-Sicherheit darf bei Lieferantenwechseln nicht vernachlässigt werden. Cyber-Sicherheit muss mitwachsen.

Wer offen und gut vorbereitet auf Versicherer zugeht, kann bessere Bedingungen verhandeln, auch bei schwierigen Risiken. Teilen Sie proaktiv Informationen über Exponierungen und Maßnahmen zur Risikominderung, etwa zur Resilienz der Lieferkette und Unternehmensführung.

Krisen treffen schneller als gedacht. Wer sie vorher durchspielt, ist im Ernstfall klar im Vorteil. Üben Sie regelmäßig mit Planspielen, Mock-Recalls und ähnlichen Szenarien, um Schwachstellen frühzeitig zu identifizieren.

Sorgen Sie dafür, dass alle relevanten Mitarbeitenden – von operativen Fachkräften bis zum Management – über Risiken, Prozesse und Zuständigkeiten im Zusammenhang mit Zöllen und Versicherungsfragen informiert sind. Schulungsmaßnahmen, interne Richtlinien und klar definierte Eskalationsprozesse helfen dabei, Missverständnisse zu vermeiden und im Ernstfall richtig zu reagieren.

Zölle sind nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein strategisches Risiko. Unternehmen, die frühzeitig handeln, transparente Lieferketten aufbauen, Verträge anpassen und ihre Versicherungspartner aktiv einbinden, können aus dem Risiko einen Wettbewerbsvorteil generieren. Ein agiles, zukunftsgerichtetes Risikomanagement wird spätestens 2025 zur Pflicht für die Wirtschaft.

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12.05.2025

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