Zwei Menschen in Schutzkleidung besprechen den Zustand der Container, der Fokus liegt auf Teamarbeit.

Beweisführung im Warentransport

Ein beladener Container wurde gestohlen, die Tiefkühlware wurde zu warm befördert oder die Ladung wurde auf einem Transport anderweitig beschädigt: Das sind klassische Fälle für die Transport-Versicherung. Damit Versicherungsnehmer einer Transport-Versicherung ihre Ansprüche sicher durchsetzen können, sollten sie entsprechende Beweise erbringen können. Das lehrt ein Blick auf die Rechtsprechung.

Um bei Transportschadenfällen wie Verlust oder Beschädigung einen Versicherungsanspruch gegen den Transport-Versicherer durchsetzen zu können, müssen Geschädigte einige Punkte nachweisen können: Sie brauchen Belege dafür, welche Güter in welcher Menge und mit welchem Wert beziehungsweise Zustand in den Transportverpackungen enthalten waren, die vom Beförderer mitgenommen wurden. Auch im späteren Regress des Versicherers gegen den Verursacher ist diese Beweisbarkeit entscheidend.

Früher Karton-Rechtsprechung, heute Vollbeweis

Nach früherer Rechtsprechung kam dem kaufmännischen Absender ein Anscheinsbeweis zugute: Die in Lieferschein und korrespondierender Handelsrechnung dokumentierten Güter galten in der Regel als in den übergebenen Transportbehältnissen enthalten. Kurz gesagt: Das was draufsteht, war drin. Diese sogenannte Karton-Rechtsprechung, wurde jedoch vor einigen Jahren aufgegeben (z. B. BGH, 12.06.14, I ZR 50/13). 

„Der heutige Beweismaßstab ist strenger, die Grundsätze des Anscheinsbeweises sind nicht mehr anwendbar“, sagt Tim Seidenschnur, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht bei Funk.  „Unternehmen müssen stattdessen den Vollbeweis erbringen, und zwar nicht nur für die Übernahme der Güter als solche, sondern auch für ihre Identität, ihre Art, ihre Menge und ihren Zustand zum Zeitpunkt der Übernahme zur Beförderung.“ Der Maßstab des Vollbeweises erfordert, dass die  Beweismittel beim Gericht einen Grad von Gewissheit bewirken, „der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet“ (BGH in ständiger Rechtsprechung, etwa BGH I ZR 50/13). Zu welchen Problemen es kommen kann, wenn die Übergabe von Transportgütern nur unzulänglich – z. B. nicht gänzlich widerspruchsfrei – dokumentiert wird, zeigen exemplarisch drei Streitfälle.  

Zwei Urteile zu Transportschäden


Fall 1: Der gestohlene Container

Eine Käuferin aus Deutschland erwarb von einer Verkäuferin in China 14,8 Tonnen Multifunktionswerkzeuge. Die Verkäuferin ließ die Ware in China in einen Leercontainer stauen und diesen verplomben. Der Container wurde dann vom Beförderer abgeholt, aus dessen Obhut dann aber im Verlauf des Transportes unstreitig gestohlen. Der Regress des Transport-Versicherers gegen den Beförderer scheiterte in diesem Fall, weil die vorgelegten Handels- und Verladepapiere nicht gänzlich frei von Unklarheiten waren und keine Person benannt werden konnte, die aus eigener Wahrnehmung den Inhalt und den Zustand der Sendung bei Abholung bezeugen konnte (OLG Hamburg, 16.01.2025 – 6 U 20/21; noch nicht rechtskräftig, anhängig beim BGH, I ZR 23/25).  

Icon zeigt Container mit Sonne

Fall 2 und 3: Die Ware wird zu warm

Bei temperatursensiblen Gütern wie Arznei- oder Tiefkühlprodukten geht die Rechtsprechung dahin, dass der Vollbeweis sich auch auf die korrekte, durchgehende Temperierung vor Transportbeginn, also praktisch von der Produktion über Zwischenlagerungen bis zu dem streitigen Transportbeginn, erstrecken muss (OLG Hamburg, Urteil vom 12.01.2023 – 6 U 43/22; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2023 – 15 U 140/22).  

„Mit einer guten Dokumentation im Vorfeld kann die spätere Durchsetzbarkeit von Ansprüchen ausreichend gesichert werden.“

Tim Seidenschnur

Wie Unternehmen sich bei Transportschäden rechtlich absichern können

Unternehmen können dem Beweismaßstab durch die richtigen Vorkehrungen entsprechen.  Sie sollten vor allem auf folgende Punkte achten:

  • Bei Liefergeschäften sind Lieferschein und korrespondierende Handelsrechnung als Beweismittel unerlässlich.
  • Es sollte stets eine Packliste erstellt werden zur Dokumentation der Vollständigkeit der Warensendung. Wichtig ist hierbei, auch den Namen der Person, die die Ware gepackt hat, zu notieren. Diese kann im Fall der Fälle den Inhalt und Zustand der Sendung aus eigener Wahrnehmung bezeugen.
  • Wenn ein Leercontainer durch Personen der Abholstelle gestaut wird, kann dieser Vorgang „schichtweise“ per Digitalfoto dokumentiert und die Fotos archiviert werden.
  • Unternehmen sollten stets darauf bestehen, dass der Beförderer die Übernahme der Sendung mit (lesbarem) Namen, Ort, Datum und Unterschrift quittiert.
  • Bei temperatursensiblen Gütern ist es unerlässlich, für den Nachweis ordnungsgemäßer Vortemperierung Sorge zu tragen – von der Herstellung bis zur Übergabe an den Beförderer. Bei Übergabe sollte der Abholfahrer die Übergabetemperatur quittieren.  
  • Bei Bezugstransporten auf Gefahr des Empfängers sollte dieser seinen Lieferanten anhalten, die obigen Empfehlungen zu beachten.

„Ein Schadenfall ist immer ärgerlich“, sagt Tim Seidenschnur. „Mit einer guten Dokumentation im Vorfeld kann aber einer Beweisnot im Schadenfall vorgebeugt werden und die spätere Durchsetzbarkeit von Ansprüchen ausreichend gesichert werden.“ Funk unterstützt gern bei Fragen rund um die einzelnen Schritte – egal, auf welchen Transportweg die Ware geht.

Ihr Kontakt

Tim Seidenschnur