Was die D&O Police leistet

D&O Versicherungen gehören mittlerweile zum Standard für Unternehmen. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Deckung eine Spezialversicherung ist. Die richtige Konzeption erfordert hohes Know-how, vor allem auf juristischer Seite.

Manager agieren in einem Spannungsfeld: Einerseits wird von ihnen erwartet, dass sie verantwortungsvoll handeln und Gefahren vom Unternehmen abwenden. Andererseits müssen sie unternehmerisch denken, Risiken eingehen und immer wieder Neuland betreten.

Hinzu kommt, dass gesetzliche Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel das Vorstandsvergütungs- oder das Missbrauchsbekämpfungsgesetz, zahlreiche Fallstricke bereithalten. Compliance-Regeln sind ebenfalls im Blick zu behalten. In der Theorie muss ein Chef auch die Einhaltung aller Regularien in Asien oder Südamerika gewährleisten – was in der Praxis kaum umsetzbar ist. Dass da gelegentlich ein Unternehmenslenker ins Stolpern gerät, überrascht kaum. Wenn Medien über Fehler aus der Chefetage berichten, dann meist über solche mit einem kriminellen Verdachtsmoment, die neben zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen auch strafrechtliche Ermittlungen auslösen – Siemens, Middelhoff, Volkswagen lassen grüßen. So entsteht der Eindruck, Manager würden in erster Linie für vorsätzliches Fehlverhalten haftbar gemacht werden. In der Praxis sind es aber meist die unabsichtlichen Fehler und Fahrlässigkeiten, wegen denen sich die Unternehmens-Chefs zivilrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt sehen – müssen sie doch bereits für leichte Fahrlässigkeit unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen haften. 

 

Steigende Anspruchshaltung  

Lars Heitmann, Leiter der Abteilung Professional Risks bei Funk und D&O Spezialist, über die aktuellen Entwicklungen: „Wir beobachten seit Jahren eine steigende Anspruchsmentalität seitens Unternehmen und Anteilseignern gegenüber Geschäftsführern. Und auch Insolvenzverwalter schlagen zu – sie verlangen nicht selten hohe Summen.“ Daher nimmt die Zahl außergerichtlicher und gerichtlicher Verfahren wegen Inanspruchnahme der Organe zu. „Meist lautet der Vorwurf dabei nicht Vorsatz, sondern Unterlassung. Es geht also häufig um Aufsichts- und Kontrollverschulden, das sich aus dem Fehlverhalten anderer Unternehmensmitarbeiter und Organe ableitet“, so Lars Heitmann. „Dies ist ein schier unendliches Haftungsfeld – sowohl national und international als auch thematisch, da verschiedenste Rechtsgebiete betroffen sein können.“ Daher ist es nur folgerichtig, dass die aus den USA kommende „Directors-and-Officers-Versicherung“, kurz, „D&O“, mittlerweile auch im deutschen Markt fest etabliert ist. Angesichts der sehr realen Gefahr eines unabsichtlichen Fehltritts hat sich diese Versicherung zur Standardausstattung in großen und kleinen Unternehmen entwickelt. Die D&O Versicherung ist eine Berufs-Haftpflicht-Versicherung, für Organe, die ein Unternehmen zugunsten seiner Organe abschließt. Der Versicherungsschutz umfasst dabei sowohl die Abwehr unberechtigter Ansprüche als auch die Befriedigung berechtigter Ansprüche (Schadenkompensation). 

Die weitaus meisten Fälle entstehen dabei durch Innenhaftung – wenn das Unternehmen also selbst Ansprüche gegen den Geschäftsführer anmeldet. „Nur rund zehn Prozent der Schäden entstehen dagegen durch Ansprüche von außen“, sagt Dr. Sonja Kottnik-Timmermann, D&O Expertin bei Funk. Da die D&O Sparte relativ jung ist, gibt es bislang wenig verbindliche Rechtsprechung und deutlich weniger Erfahrung als in anderen Sparten. Entsprechend benötigt es für diese juristisch komplexe Materie Erfahrung mit konkreten Fällen, um eine fundierte Einschätzung abzugeben. Lars Heitmann dazu: „Funk gehört zu den größten Maklern im D&O Bereich, wir bearbeiten jährlich ca. 100 neue Fälle. Auf Grundlage dieser umfangreichen Erfahrung entwickeln wir Lösungen dynamisch und flexibel weiter und passen sie der Rechtsprechung an.“ Zudem sei Funk seit Jahrzehnten erfolgreich in der Platzierung eigener Bedingungswerke, die die Funk Handschrift tragen, so Heitmann. Bei der Konzeption einer D&O Deckung sollte man auf verschiedene Punkte achten: Wichtig ist etwa, dass die Deckung zeitlich unbegrenzt rückwirkend ist. Außerdem sollte eine ausreichend bemessene Nachmeldefrist gewährleistet sein. Ebenso ist es wichtig, dass eine Kostenvorsorgeregelung zu verschiedenen Positionen rechtssicher verankert ist. Zunehmende Bedeutung gewinnt auch die Installation internationaler Versicherungsprogramme. Damit vermeidet man steuerrechtliche und aufsichtsratsrechtliche Implikationen, die am Ende den lokalen Schutz von Organen beeinträchtigen könnten.Eine weitere wichtige Anforderung ist, dass Schäden lokal reguliert werden können. „Funk hält hier mit der Funk Alliance ein internationales Netzwerk vor, um den Kunden vor Ort zu unterstützen“, sagt Lars Heitmann.

 

Aktuelles Urteil vom BGH 

Während diese Punkte zu den D&O Standards gehören, zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs, wie sich an juristischer Front immer wieder Neuerungen ergeben: 2016 entschied der BGH, dass die versicherte Person berechtigt ist, ihren versicherungsrechtlichen Freistellungsanspruch an die versicherte Gesellschaft abzutreten, die im Innenverhältnis die versicherte Person haftbar machen möchte. Der Vorteil der damit eröffneten Vorgehensweise ist, dass die versicherte Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen in die Lage versetzt wird, sowohl den Deckungsanspruch als auch den Haftungsanspruch direkt gegen den Versicherer geltend zu machen (daher auch: „Direktanspruch“). Hiermit sind zwar einerseits auch prozessuale Unsicherheiten verbunden, da die Rechtsprechung zur konkreten Ausgestaltung und den Auswirkungen eines Direktanspruchs bislang keine Urteile gefällt hat. Auch der Manager muss sich überlegen, ob er seinen Freistellungsanspruch abtreten will. Denn seine Obliegenheiten gegenüber dem Versicherer bleiben bestehen, wohingegen er auf die Durchsetzung seines Versicherungsanspruches keinen Einfluss mehr hat. Andererseits kann dieses Vorgehen gleichwohl ein sinnvoller Weg zur Schadenregulierung sein. Ein Beispiel dafür: Ein Unternehmen verklagt einen Geschäftsführer, weil dieser bei einem Unternehmenskauf eine fehlerhafte Buchprüfung („Due Diligence“) durchgeführt hat. Da der Geschäftsführer aber lange Jahre erfolgreich für das Unternehmen tätig war, will man sich trotz dieses Fehlers nicht von ihm trennen. Tritt der Geschäftsführer seinen Anspruch an das Unternehmen ab, kann dieses seine Ansprüche dann direkt beim Versicherer geltend machen. Andernfalls müsste das Unternehmen seinen Geschäftsführer verklagen, obwohl es gleichzeitig weiter mit ihm zusammenarbeiten will. „Die Funk Bedingungswerke enthalten eine entsprechende Klausel, die den Weg für dieses Vorgehen öffnet“, so Lars Heitmann. Insgesamt, so Lars Heitmann, seien in den vergangenen Jahren zahlreiche Details im Bereich D&O hinzugekommen, bei denen man als Makler die Ansprüche der Kunden gegenüber dem Versicherer mit fundierter Kenntnis vertreten muss. 

 

Gemengelage aus Interessen

Eine Besonderheit der D&O Deckung, die in der Praxis immer berücksichtigt werden muss: Das Unternehmen schließt die Versicherung ab – versichert ist aber der Manager. Im Schadenfall entsteht leicht eine Gemengelage verschiedener Interessen. Die Betreuung dieser Dreieckskonstellation aus Unternehmen, Manager und Versicherer erfordert neben dem juristischen Überblick vor allem Fingerspitzengefühl. Zumal die Fälle naturgemäß häufig emotional behaftet sind. Gestern hat man erfolgreich zusammengearbeitet, heute wird geklagt – und morgen will man unter Umständen wieder miteinander arbeiten. „Unsere Rolle als Makler ist hier der moderierende Ausgleich berechtigter Interessen, immer in Kenntnis der Rechtslage“, so Dr. Sonja Kottnik-Timmermann. 

 

Versicherungssumme sollte ausreichend hoch angesetzt werden 

Der Trend hierzulande ist klar: Der deutsche D&O Markt gehört – nach den USA – zu den weltweit größten. Momentan sind die Prämien noch relativ günstig; sie könnten in absehbarer Zeit jedoch deutlich ansteigen, weil die Versicherer aufgrund vergangener Großschäden aktuell kaum kostendeckend wirtschaften. In jedem Fall rät Lars Heitmann dazu, die Versicherungssumme ausreichend hoch anzusetzen. Denn Schadenfälle können in den dreistelligen Millionenbereich gehen. Beispiele für solche Großschäden sind die einschlägig bekannten Fälle wie bei DaimlerChrysler, Lufthansa oder Siemens. Zwar liegen nur rund fünf Prozent der gesamten D&O Schäden in dieser Größenordnung. „Aber wenn ein mittelständisches Unternehmen davon betroffen ist, dann reden wir schnell über ein Total-Loss-Szenario“, so Heitmann. Kostentreiber sind meist die Anwaltskosten, da Prozesse sich über Jahre hinziehen können. 

 

Straf-Rechtsschutz-Versicherung

Zu beachten gilt es allerdings, dass eine D&O nicht alle denkbaren Ansprüche im Zusammenhang mit Fehlern von Führungskräften abdeckt. Es empfiehlt sich daher zusätzlich der Abschluss einer Straf-Rechtsschutz-Versicherung. Diese bietet Kostenschutz im Zusammenhang mit eingeleiteten Ermittlungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Und sie sichert auch dann ab, wenn nicht gegen den Manager, sondern gegen das Unternehmen selbst ermittelt wird, beispielsweise wegen des Verdachts auf Kartellbildung oder umweltrelevante Tatbestände. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere das Sanktionsinstrument der Verbandsbuße. Eine Strafrechtsschutz-Versicherung deckt außerdem Kosten für Gutachter oder interne Recherchekosten ab.

 

09.07.2020

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