Insolvenzen, Schutzschirm, StaRUG und Co.: So geht es in der Kredit-Versicherung weiter

Die Coronakrise sorgt in der deutschen Wirtschaft für einigen Aufruhr. Staatliche Maßnahmen, wie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht oder der Schutzschirm für Kredit-Versicherer, sollten dazu beitragen, die Folgen der Covid-19-Pandemie abzumildern. Wie geht es nach Ablauf der Maßnahmen weiter? Welche Auswirkungen haben neue gesetzliche Regelungen? Und womit müssen Kunden auf dem Kredit-Versicherungsmarkt rechnen? Funk verschafft Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen.

1. Insolvenzzahlen und Bruttoinlandsprodukt

Wie in vielen anderen Ländern auch liegt die Anzahl der Insolvenzen in Deutschland derzeit auf einem im historischen Vergleich niedrigen Niveau. Nach 18.750 im Jahr 2019 waren im  Jahr 2020 lediglich 16.076 Insolvenzen zu verzeichnen – allerdings stieg die durchschnittliche Höhe der ausgefallenen Forderungen und führte im Jahr 2020 zu einem Gesamtschaden, der über dem im Jahr 2019 lag. Laut Allianz Research wird für das Jahr 2021 auch mit einem moderaten Anstieg der Anzahl gerechnet, der sich in den nächsten Jahren voraussichtlich beschleunigen wird.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank in 2020 um 5,3 % gegenüber dem Vorjahr. Hier rechnet der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für das Jahr 2021 mit einer Erholung um 3,1 % (4,0 % im Jahr 2022).

Die Entwicklung der Insolvenzzahlen und des BIP in Deutschland ist wohl auch das Ergebnis der folgenden Einflussfaktoren:

Negativ

  • Zunächst schleppender Anlauf der Covid-19-Impfkampagne

Positiv

  • Lebhafte Nachfrage nach deutschen Exportgütern, insbesondere aus China
  • Umfangreiche staatliche Programme zur Stützung der deutschen Wirtschaft und Linderung der negativen Effekte der Covid-19-Pandemie
  • Suspendierung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April 2021 (Einführung im März 2020, danach bis Ende April 2021 mehrfache Verlängerung in jeweils reduziertem Umfang)
     

Ursprünglich fand die Suspendierung auf beide Sachverhalte Anwendung, die eine Insolvenzreife begründen: Zahlungsfähigkeit und Überschuldung, nachweislich ausgelöst durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Später im Jahr 2020 wurde sie auf die Überschuldung begrenzt. Von Januar bis Ende April 2021 galt die Suspendierung wieder für beide Insolvenzgründe – jedoch begrenzt auf solche Fälle, in denen Staatshilfen beantragt, aber noch nicht gewährt wurden.

„Verglichen mit der Situation vor der Covid-19-Pandemie ist das Maß an Unsicherheit im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung und das Auftreten von Insolvenzen derzeit hoch“, sagt Sebastian Kentenich, Leiter des Fachbereichs Kredit bei Funk. „Der Abstand vom Best-Case- zum Worst-Case-Szenario hat sich in den vergangenen Monaten vergrößert.“
 

2. Auslaufen des Schutzschirms für die Kredit-Versicherer

Der im April 2020 aufgerichtete, 30 Milliarden Euro schwere staatliche Schutzschirm für die Kredit-Versicherer läuft zum 30. Juni 2021 aus. Dies ist eine gemeinsame Entscheidung der Bundesregierung und der beteiligten Kredit-Versicherer. Nach der Verlängerung des Schutzschirms Ende 2020 sind beide Parteien nun der Auffassung, dass die Maßnahmen nicht länger erforderlich sind, da eine Erholung wesentlicher Teile der Wirtschaft eingesetzt hat. Die Kredit-Versicherer sehen sich nun selbst in der Lage, das Risiko ausreichend gut einschätzen und tragen zu können.

„Gemäß den Verlautbarungen der Versicherer müssen sich Versicherungsnehmer keine Sorgen über umfangreiche Limitreduktionen und Streichungen machen“, erklärt Sebastian Kentenich. Dennoch werden derzeit einzelne Kreditlimite (nur) aufgrund des Schutzschirms aufrechterhalten. Diese Limite werden nach dem 30. Juni 2021 reduziert oder gestrichen. In den meisten Fällen, in denen keine unmittelbare Gefahr einer Insolvenz besteht, werden allerdings Übergangsfristen eingeräumt, die es den Lieferanten ermöglichen, sich auf die neue Situation einzustellen.

 

3. Kreditlimit-Underwriting durch Euler Hermes

Im Verlauf der Pandemie hat der Kredit-Versicherer Euler Hermes (EH) einen anderen Ansatz als seine Wettbewerber gewählt. Basis für das Vorgehen von EH waren sogenannte „Grades“, die auf einer Skala von 1 bis 10 die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens bewerten: „Grade 1“ steht dabei für die bestmögliche Bonität, „Grade 10“ für Insolvenz. In größerem Umfang hat EH insbesondere für Abnehmer mit „Grade 6“ oder höher Befristungen dokumentiert, die zeitlich auf das Enddatum des Schutzschirms terminiert waren (zunächst 31. Dezember 2020, nach der Verlängerung des Schutzschirms 30. Juni 2021). Die Maßnahmen waren weniger auf die individuelle Bonität eines Abnehmers bezogen; sie folgten vielmehr eher einem Portfolio-Ansatz. Vor Kurzem hat EH im Hinblick auf den auslaufenden Schutzschirm entschieden, eine Vielzahl von Kreditlimiten wieder einzuräumen.

 

4. Vertragsangebote und Verlängerungen

Kredit-Versicherer streben eine Anhebung der Prämie zur jeweils nächsten Vertragsverlängerung an – das gilt auch für Verträge, bei denen bislang kein Schaden aufgetreten ist. Sebastian Kentenich: „Potenziellen Neukunden werden im Gegensatz dazu jedoch gelegentlich recht aggressiv gestaltete Angebote hinsichtlich Kreditlimit-Zeichnung und Bedingungswerk gemacht.“

 

5. Auswirkungen des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG)

Mit dem neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG)wird die EU Richtlinie 2017/1132 zur präventiven Sanierung in deutsches Recht umgesetzt. Es ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten.

Fachkundige Kredit-Beratung für Ihr Unternehmen

Funk beobachtet die aktuellen Marktentwicklungen genau und informiert Sie zeitnah über die Folgen für Ihre Finanzierungs- und Versicherungslösungen. Sie haben Fragen zu Ihrer Kredit-Deckung oder weiteren Themenfeldern? Sprechen Sie unsere Expertinnen und Experten gerne an – wir sind für Sie da!

Wesentliche Zielsetzungen sind:

  • Ermöglichen einer Sanierung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt
  • Frühwarnsystem im Hinblick auf Sachverhalte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Insolvenz führen
  • Entschuldung im Vorfeld eines Regelinsolvenzverfahrens durch Vereinbarung eines Restrukturierungsplans, für den eine Zustimmung von mindestens 75 % der Gläubiger bezogen auf die Forderungshöhe vorliegt – die Erzielung von Einstimmigkeit ist also im vorgerichtlichen Verfahren nicht mehr erforderlich
  • Vermeidung des Insolvenz-Stigmas durch den Schuldner
  • Verbesserung der „Restrukturierungs-Kultur“ durch das StaRUG


Kredit-Versicherer haben bestätigt, dass Zahlungsausfälle, die durch Restrukturierungspläne im Rahmen von StaRUG-Verfahren eintreten, durch ihre jeweiligen Kredit-Versicherungsverträge abgedeckt sind.

08.06.2021

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